24. Juni 2022 – von Thorsten Denkler
Warum Christian Lindner falsch liegt
Der Finanzminister stemmt sich gegen das Verbrennerverbot auf EU-Ebene. Und will eAutos nicht mehr fördern. Der BEM hat damit ein paar grundsätzliche Probleme, sagt deren Vorstand Markus Emmert im Interview.
The Pioneer: Herr Emmert, Finanzminister Christian Lindner will neben der Förderung von Hybriden auch den Umweltbonus für reine eAutos abschaffen. Was halten Sie davon?
Markus Emmert: »In der jetzigen Situation und unter den jetzigen Bedingungen ist es falsch, die Förderung reiner eAutos abzustellen. Was wir da gerade tun, ist eine Pauschalförderung einzelner Autos. Egal, wie viel Energie sie verbrauchen. Wir sind offen, diesen Fördermechanismus weiterzuentwickeln.
Wenn schon Förderung von Autos, dann soll sie sich an der Energieeffizienz messen. Die findet in der aktuellen Förderlogik nicht statt. Wir können uns gut vorstellen, Autos nur dann zu fördern, wenn sie mit weniger als 15 Kilowattstunden auf 100 Kilometern auskommen. Wenn das ein EQS von Mercedes oder ein Audi e-tron dann erreichen, umso besser.«
Aber dann fördern Sie ja wieder nur Autos.
»Unser Ziel muss sein, dass wir schnell weniger Individualmobilität haben. Also weniger PKWs und dafür mehr Flexibilität in der Bewegungsfreiheit. Die Förderung muss deshalb dringend ausgeweitet werden auf elektrische Leicht- und Logistikfahrzeuge und dazu auch noch zu Land, zu Wasser und in der Luft.«
In den Städten ist das heute schon machbar: eScooter, eRoller, Carsharing mit eAutos, Straßenbahnen, Busse. Das eigene Auto ist im Grunde überflüssig. Aber wie sieht es auf dem Land aus, wo oft nur ein Bus am Tag fährt und der dann noch in die falsche Richtung?
»Der Bürger weiß heute ja gar nicht, was gehen könnte. Der hat dann lieber sein Auto in der Garage, das jederzeit verfügbar ist. Unsere Aufgabe ist es, ihm ein Bild vor einer Mobilität im ländlichen Raum zu zeichnen, das attraktiver ist, als das eigene Auto. Heißt, diese Mobilität muss jederzeit verfügbar sein, sauber und bezahlbar. Das geht nur mit einem Mix von vielen Mobilitätsangeboten.
Zumindest sollte das Zweitauto nicht mehr nötig sein. Mir ist klar, das ist ein großes Ziel. Aber wir brauchen am Ende auch die ländlichen Regionen, um unsere Klimaziele zu erreichen, weshalb ich optimistisch bin, denn dort besteht jetzt schon die Überzeugung zur eigenen PV-Anlage auf dem Dach, also den Gewinnen mit der Elektromobilität.«
Finanzminister Lindner stemmt sich auch gegen das vom Europäischen Parlament verlangte Verkaufsverbot von Verbrennerautos ab 2035. Hat er nicht einen Punkt, wenn er sagt, dass wir eine bewährte Technik nicht einfach über Bord werfen sollten, wenn es nur darum geht, geeignet Biokraftstoffe zu finden?
»Ginge es um eine Perspektive auf die nächsten 50 bis 100 Jahre, wäre ich an seiner Seite. Aber die Zeit drängt. Bis 2035 wird es diese Kraftstoffe nicht geben. Nicht weil es technisch nicht möglich wäre, sie herzustellen. Das geht heute schon. Deren Herstellung verbraucht aber zehn Mal mehr Energie als die Verstromung. Das kann sich die Bevölkerung mit ihren Einkommen nicht leisten, Mobilität wäre dann etwas für Besserverdienende.«
Das könnte sich doch noch ändern, oder?
»Eben nicht in zehn bis 15 Jahren. Dazu kommt die soziale Komponente. Wir sind schon bei zwei Euro pro Liter Benzin an der Grenze des Zumutbaren. Ein Liter synthetischer Kraftstoff aber liegt aktuell bei sechs Euro. Wer will, wer kann das bezahlen«?
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