28. Juli 2022 – von Thorsten Denkler
Wie die Bundesregierung heimlich die E-Auto-Förderung beerdigt
Finanzminister Christian Lindner hatte vor Wochen ein Ende der E-Auto-Förderung gefordert. Und damit viel Kritik geerntet. Jetzt sind die Grünen eingeknickt. Lindner hatte die besseren Argumente.
Als Finanzminister Christian Lindner Mitte Juni plötzlich ein Ende der Förderung von E-Autos forderte, war das Geschrei noch groß. Baden-Württembergs verkehrsminister Winfried Herrmann watschte den FDP-Chef ab: „Lindner ist offensichtlich gegen alles, was die Verkehrswende voranbringen kann.“ Automobilverbände und Hersteller wiesen Lindners Vorstoß brüsk zurück.
Jetzt aber kommt alles im Grunde so, wie Lindner es gewollt hat. Mitte der Woche wurden die Pläne der Bundesregierung publik, wie künftig die staatliche Förderung von Olug-In-Hybriden und E-Autos gestaltet wird. Kurz zusammengefasst: Beides wird de facto gestrichen.
Mit den Hybriden ist das einfach. Der Koalitionsvertrag sieht ohnehin eine Streichung der Fördeerung ab 2023 vor. Genau so kommt es jetzt auch.
Mit der Förderung reiner E-Autos aber sollte es erst ab Ende 2025 vorbei sein. Ohne konkret ein Datum zu nennen, hat die Ampel den Termin jetzt um mindestens ein Jahr vorverlegt.
Die Vorshläge der Bundesregierung sehen im Einzelnen vor:
- Reine E-Autos, die unter 40.000 Euro kosten, werden ab 2023 nur noch mit 4.000 Euro bezuschusst. Bislang schießt der Staat 6.000 Euro dazu.
- Für E-Autos, die mehr als 40.000 Euro kosten, soll es nur noch 3.000 Euro geben.
- E-Autos, die teurer sind als 65.000 Euro, werden gar nicht mehr gefördert.
- Im Laufe des kommenden Jahres soll die Förderschwelle auf einen Nettolistenpreis von 45.000 Euro sinken, mit einer Maximalförderung von 3.000 Euro.
- Dienst- oder Handwerksfahrzeuge sind nach den Plänen ab September 2023 nicht mehr förderfähig.
Entscheidender aber ist der Deckel, den Lindner der Förderung aufgesetzt hat. 2,5 Millarden Euro sollen letztmalig in die Förderung gesteckt werden. Dazu kämen noch 900 Millionen Euro, die bisher noch nicht abgerufe werden konnten. Es wären damit 3,4 Millarden Euro im E-Auto-Fördertopf. Das Geld soll über die Jahre 2023 (2,1 Millarden Euro) und 2024 (1,3 Millarden Euro) ausgeschüttet werden. Ist es weg, kommt nichts mehr nach, sagt zumindest Lindner.
Das dürfte zu einer gewissen Verunsicherung führen. Der Antrag auf Förderung kann erst mit der Zulassung gestellt werden. Wer also heute bestellt, der kann nicht sicher sein, dass am Tag der Zulassung noch Geld im Förder-Topf ist.
Tatsächlich ist es derzeit kaum möglich, kurzfristig an ein Elektroauto zu kommen. Es dauert nicht so lange wie in der ehemaligen DDR, als die Menschen zum Teil zehn Jahre auf dei Auslieferung warten mussten. Aber für einige E-Auto-Modelle gibt es bereits einen Bestellstopp. Andere Modelle können die Kunden ab Bestellung in bis zu 20 Monaten in Empfang nehmen.
Markus Emmert, Vorstand im Bundesverband eMobilität, sagte zu uns:
„Das ist faktisch der Tod für die E-Auto-Förderung.“
Die CO2-Einsparziele im Verkehrssektor seien mit der Neuregelung „nicht erreichbar“. Und das Ziel, 15 Millionen Elektroautos bis 2030 auf die Straße zu bringen, wohl auch nicht, sagt Emmert.
Er nimmt an, dass allein die rund 320.000 bereits bestellten reinen E-Autos die Hälfte des Fördertopfs ausschöpfen werden. Für Neuanträge bleibe dann über die kommenden zwei Jahre nicht viel Luft. Geschweige denn bis Ende 2025, wie es im Koalitionsvertrag heißt. Wobei dort nur recht vage formuliert ist, dass „über das Ende des Jahres 2025 hinaus“ die Innovationspärmie „nicht mehr erforderlich“ sei. Jetzt ist schon spätestens Ende 2024 Schluss mit der Förderung.
Dabei wäre noch einiges zu tun. Der Anteil reine Elektro-Autos an den Neuzulassungen betrug im Juni 14,4 Prozent. Das ist kaum mehr als der Durchschnitt der vergangenen 25 Monate von knapp zwölf Prozent. Und deutlich unter dem Rekordwert vom Dezember, der bei 21,3 Prozent lag. Gemessen am Fahrzeugbestand ist der Anteil der E-Autos bis Jahresanfang lediglich auf 1,3 Prozent gewachsen.
Das wird aber nicht unbedingt als Problem gesehen: „Insgesamt wird die Förderung nun an einen erfreulich gut laufenden Markt angepasst“, sagte uns die stellvertretende Fraktionschefin der Grünen, Julia Verlinden. Und: „Die Klimaziele im Verkehrssektor werden wir ohnehin nicht nur durch Autokaufprämien erreichen, dafür braucht es auch einen attraktiven ÖPNV und gute Fahrradinfrastruktur.“
Der wirtschaftspolitische Sprecher der Fraktion, Dieter Janecek, twitterte: „Dass das BMWK Förderprogramme insgesamt auf den Prüfstand stellt und Zielgrichtetheit überprüft, begrüße ich sehr.“ Auch mit der Kaufprämie für Elektro- und Hybrid-Autos sei „eine Anspruchshaltung entstanden, die überzogen ist. Und teuer“, schreibt er.
Es ist wohl die normative Kraft des Faktischen, die eine überhöhte Förderung nicht mehr sinnvoll erscheinen lässt. Das entspricht voll und ganz der Argumentation des Finanzministers. Lindner hatte schon Mitte Juni erklärt: „Wir können uns fehlgeleitete Subventionen schlicht nicht mehr leisten.“ Die Autos würden über die Lebensdauer bisher mit teils bis zu 20.000 Euro subventioniert, auch für Top-Verdiener. „Das ist zu viel. Da können wir Millarden sparen, die wir sinnvoller einsetzen könnten.“ De, ist die Ampel jetzt voll und ganz gefolgt.
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